Liebe Abendzeitung,...
Der Papst kommt! Noch vor Jahren war das eine Sensationsmeldung, auch in Deutschland. Die Zeiten haben sich geändert. 60 Prozent der Bundesbürger sei dies egal, ergab eine Umfrage. In Berlin möchte nicht jeder Parlamentarier die Rede des Staatsoberhaupts des Vatikans im Bundestag hören. Es gibt viele Klagen über die immensen Kosten dieser Visite. In Zeiten, da Menschen in Afrika jämmerlich verhungern, sei dies nicht vertretbar. – Spätestens ab hier ist Widerspruch nur schwer möglich.
Aber vielleicht gibt es ja doch noch positive Ansätze. Der Jesuitenpater Klaus Merthes aus Berlin, der 2010 mutig und schonungslos den Missbrauchsskandal in unserer Kirche aufdeckte, schrieb einen offenen Brief. „Die Themen liegen auf der Straße“, nennt er ihn und beschreibt schon einmal, was in Berlin nächste Woche passieren wird. So trifft der Papst unseren Bundespräsidenten: Katholisch, geschieden, wiederverheiratet, trotzdem bei den Menschen hoch angesehen! Er wird vom regierenden Bürgermeister von Berlin begrüßt: Katholisch, schwul, bekennt sich zu seiner Lebensweise – ebenfalls mit großer Popularität. – Es ist bekannt, wie schwer sich Kirche tut, damit umzugehen. Warum also nicht darüber reden!
Zum ersten Mal waren 2010 die Kirchenaustritte in unserer Kirche höher als Taufen und Eintritte zusammen. Die Volkskirche schrumpft unleugbar. Es würde ihr durchaus gut tun, wenn dies ein Staatsbesuch mit Folgen wäre.